Dienstag, 18. April 2017

Die Kämpfe Nr. 14 - 22: Ey Mann, wo is mein Mojo? (Teil 5)

Ja, Pustekuchen.

Die Kämpf...- Ach, fickt euch doch alle!

Am nächsten morgen wurde ich langsam wieder auf den Boden zurückgeholt.
Die gemischten Gefühle, die ich während des ganzen Workshops hatte, waren natürlich vergessen, als mir eröffnet wurde, dass ich gerne hier anfangen kann. Zusammen mit 14 anderen Mädchen. Wir waren 16 Teilnehmerinnen. Es wurden ganz schön viele genommen. Auch Mädchen, die sich sicherlich noch etwas weiterentwickeln könnten, bevor sie Schauspielerinnen werden. Die Ausbildung ist wirklich, wirklich teuer und wird im dritten Jahr noch teurer. Nicht wirklich viele Absolventen (oder soll ich Absolvierende sagen?) machen das, was ich später gerne tun würde. Viele (von den wenigen, von denen man etwas weiß) landen im Fernsehen. Mein Gefühl hat das komplette Wochenende stündlich gewechselt. Diese Ausbildung ist fucking teuer. Entweder wird von dieser Schule in allerhöchsten Tönen gesprochen oder sie wird auf das Übelste kritisiert. Kein Mittelding. Viele der Mädchen sind an irgendeinem Punkt, dem ich schon ein wenig vorraus bin. Sie müssen von dort noch abgeholt werden. Ich muss warten. Kann ich mich da überhaupt weiterentwickeln? Lohnen sich 400€ monatlich dafür? Habe ich mich dort wirklich wohlgefühlt?
Kopfzerbrechen.

Nein, ich muss es unbedingt weiterversuchen!

Ein Glück kommen jetzt so viele Vorsprechen auf einmal!
Oder ein Pech?

Ich spiele jetzt einfach wild drauf los. Mit vollem Mojo.
In Stuttgart war es wohl zu wild. Nach einer Rolle war Schluss. Aber sie war doch geil! Das war Penthesilea. Ich habe es voll gespürt. Ich habe meine Sensoren ausgefahren und nicht gedacht, was passiert mit mir, wenn da mein toter Achilles liegt, sondern mit den Sensoren gespürt, was passiert mit mir, wenn da jemand totes liegt.
Scheiße, scheiße, scheiße!
Das hat nicht geklapp. Ich war sicherlich drüber.

Okay, scheiß drauf. Stuttgart ist eh nicht wirklich schön.
Übernächste Woche geht's weiter. Da wird hart durchgeballert!
Montag Hamburg, Dienstag Hannover, Donnerstag wieder Berlin.
Ab jetzt beginnen doch eh erst die Schulen, auf die ich echt Bock habe.
Eine Woche durchpowern. Mein Mojo ist dabei.

Am besagten Sonntag wollte ich mit dem Nachtbus nach Hamburg fahren, dann am Montag noch zu einem in Salzburg kennengelernten Bekannten nach Hannover fahren und nach Hannover nach Berlin. Da finde ich schon jemanden.
Bis ich Sonntag Nachmittag vom Pferd geklatscht bin.
Bravo.
Vorbei.
Becken gebrochen. Rippe gebrochen. Irgendwas stimmt nicht. Es hat geknackt beim Fallen und ich kann keine Berührungen an meinem Becken spüren.
Immerhin konnte ich mich selbst in die Notaufnahme fahren.
Okay, gebrochen ist nichts, aber ich kann verdammt nochmal nicht nach Hamburg. Und nach Hannover auch nicht. Und nicht nach Berlin.
Okay, ganz ruhig.
Ich verschiebe einfach alles.

Am Donnerstag musste ich trotzdem nach Hannover, weil das der letzte Termin für die erste Runde ist.
Erste Rolle gespielt. Raus.
Okay, weiter.
Hamburg. Die Woche darauf.
Zwei Rollen gespielt. Raus.

Im Bus erhielt ich dann die E-Mail von der UdK - nachdem ich eine Mail geschrieben und zweimal angerufen habe und die Dame am Telefon meinte, dass der dafür zuständige Dude viel um die Ohren hat und ich mich gedulden soll - dass ich doch morgen oder übermorgen einfach vorbeischauen soll.

Ernsthaft?
Ich habe immer noch keine wirkliche Gorki-Rolle (Pflichtautor) geschweige denn das Protokoll dafür.
Freitag legte ich eine Nachtschicht ein und fuhr Samstag früh um 4 nach Berlin.
Ohne Mojo.
Irgendwie ist es in dieser stressigen Zwischenzeit abhanden gekommen. So in der Zeit, in der ich nur von einem Vorsprechen zum anderen gedüst bin und das ganze Feeling, was ich noch in Bern und Leipzig hatte, verschwunden ist.
Ich stand nicht mehr auf der Bühne und spielte, sondern ich stand vor Dozenten und habe mich Prüfen lassen. Der Spaß war weg. Das Feuer. Ja, irgendwie auch die Leidenschaft.
Auf einmal frage ich mich, ob das überhaupt noch so ganz das Richtige ist.
Dann bin ich halt keine Schauspielerin.

Dieser Satz tut viel zu sehr weh, alsdass ich ihn voller Überzeugung aussprechen könnte.
Es ist eher ein Erschöpftsein. Aber mehr Resignation als Überzeugung.

In Berlin schien wieder die Sonne.
Ich fühlte mich wieder wie vor einem Jahr - nur ohne die Spielwütigen (ja, gerade vermisse ich diese Leute meega).
Habe ich schon gesagt, dass die Sonne wieder so schön scheint?
Ich war wieder beim gleichen Dozenten, wie letztes Jahr, welcher mich auch wiedererkannt hat.
Wie letztes Jahr war die UdK wieder soetwas wie ein kleiner Wegweiser.
Letzes Jahr stellte ich dort fest, dass es irgendwie nicht ganz falsch ist, was ich mache, aber dass da noch sehr viel Spielraum nach oben ist, den ich ausfüllen muss.
Dieses Jahr, vergaß ich dort einmal kurz meinen "Schauspielburnout" und erinnerte mich dunkel daran, wo mein Mojo sein könnte.
Wenigstens kam ich wieder etwas weiter mit mir selbst und spürte wieder soetwas wie ein Feuer in mir. Auch, wenn es klein ist.

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